Pressemitteilung zur Debatte um Ernst Neger-Logo
Die Dinge beim Namen nennen – Eine Stadt und ihr Alltagsrassismus
Wir – die Fachschaft der Ethnologie und Afrikastudien der Universität Mainz - sehen uns mit dieser Pressemitteilung dazu genötigt, zu den kürzlich entstandenen Diskussionen um das Firmenlogo des Dachdeckerunternehmens ´Ernst Neger´ Stellung zu beziehen. Dies bedauern wir, weil es leider nicht selten der Fall ist, dass Themen so lange durch die Medien gehen, bis der eigentliche Gegenstand unter den gegenseitigen Vorwürfen unter geht.
Wir hoffen mit
dieser Stellungnahme deshalb das Gegenteil zu erreichen und zu verdeutlichen,
weshalb das besagte Firmenlogo in Verbindung mit dem Firmennamen rassistisch
ist, Menschen tiefgehend verletzt und Rassismen reproduziert.
Vor allem
möchten wir auch einige Leserkommentare zu dem Artikel in der MAZ nicht
unkommentiert stehen lassen und deshalb betonen, dass wir selbstverständlich
nicht erwarten, dass Menschen ihre Nachnamen ändern. Den Fokus hierdrauf zu
legen stellt unserer Meinung nach eine Verzerrung des eigentlichen Problems
dar. Im Folgenden werden wir von den gesellschaftlich konstruierten aber
deshalb nicht weniger folgenlosen Kategorisierungen ´Schwarz´ und ´Weiß´ reden,
wobei damit keineswegs äußerliche Erscheinungen von Menschen, sondern gesellschaftlich
wirksame Einteilungen gemeint sind, die zur rassistischen Diskriminierung von
Menschen führen.
Die bereits
angedeutete Problematik des Firmenlogos sehen wir dahingehend, dass der
Nachname des Unternehmensgründers in Verbindung mit dem kolonialistisch
geprägten Image afrikanischer Menschen auftaucht. Es gehört schon eine gewisse
Ignoranz, eine ´Weg-Seh-Kultur´ dazu, diese bewusst angestrebte Assoziation –
ob nun rassistisch gemeint oder nicht, ist irrelevant – abzustreiten.
Angesichts der Kolonialvergangenheit Deutschlands empfinden wir es umso unverständlicher,
wenn Rassismus-Debatten entweder nicht die notwendige Sensibilität
entgegengebracht wird, oder aber die Debatten derart ausweiten, dass sie ihren
Fokus verfehlen. Alltagsrassismen gehören in der deutschen Gesellschaft genauso
wenig der Vergangenheit an, wie in anderen Gesellschaften. Zu diesen
vielfältigen Rassismen gehört es auch, einen Schwarzen Menschen mit dem N-Wort
zu bezeichnen. Ob man dies nun auf direktem Wege oder über eine visuelle Verknüpfung
des Nachnamens mit Stereotypen macht, ändert nicht die Tatsache, dass es sich
hier zum einen um eine ´Veranderung´ von Menschen handelt, als auch um eine
Fremdzuschreibung, mit der eine vermeintliche Hierarchisierung vollzogen wird.
Durch die Markierung von Menschen aufgrund körperlicher Merkmale und Weißer
Darstellungen dieser Menschen wird eine starke Unterscheidung von ´uns´ und
´denen´, von ´Norm´ und ´Abweichung´ konstruiert und entsprechend rassistisches
Gedankengut reproduziert. Einstufungen und Kategorisierungen dieser Art zeugen
von rassistischem Gedankengut, das auf die Kolonialzeit zurück geht, in unseren
Gesellschaften jedoch immer noch strukturell existent ist und Mitbürgern das
Gefühl gibt, dass sie nicht als gleichwertige Mitglieder dieser Gesellschaft
empfunden werden.
In unserer Stellungnahme geht es uns nicht um
Schuldzuweisungen, sondern um die Sensibilisierung für die Thematik von
Alltagsrassismen, die Mitbürger unserer Stadt betreffen und treffen. Wir
möchten das Unternehmen hiermit nochmals offiziell darum bitten, die Würde
ihrer Mitmenschen und entsprechend auch die Grundrechte, dieser mit dem
Firmenlogo beleidigten Menschen zur Kenntnis nehmend, das Firmenlogo nochmals
zu überdenken. Hierbei hoffen wie auf das nötige Feingefühl und die Einsicht
dessen, dass es nicht der Perspektive Weißer Menschen obliegt darüber zu
entscheiden, ob sich Schwarze Menschen mit dieser Darstellung diskriminiert
fühlen könnten oder nicht. Genau dieses Reden ´über´ anstelle ´mit´ betroffenen
Menschen entspricht den omnipräsenten strukturellen Rassismen, die es in der
Gesellschaft zu erkennen und vermeiden gilt. In diesem Sinne möchten wir uns
abschließend auf ein Zitat der Autorin Grada Ferreira beziehen: „Nicht wissen
zu wollen, was Rassismus denen bedeutet, die ihn erfahren, ist eine Weise, eine
„Wahrheit zu erfinden, in der die Schwarze Perspektive nicht existent ist.“
Ich habe gehört, dass Thomas Neger sein Bedauern darüber geäußert habe, dass seine Firma mit dem Logo über 70 Jahre lang Menschen offensichtlich beleidigt hat. Er soll sich, auch im Namen seines Vaters, dafür entschuldigt haben. Den KritikerInnen des Firmenlogos habe er ihren Hinweis und die "eigentlich längst überfällige Diskussion" gedankt und wolle nicht mehr, dass durch die Verbindung des Firmennamens mit dem Logo ein "diskriminierendes Bild von Menschen anderer Hautfarbe transportiert" werde. Er kündigte die Neugestaltung des Firmenlogos an. Diese könne sogar eine sehr gute Werbung für die Firma sein, weil sie dadurch für die Aufarbeitung vergangenen Unrechts an Menschen in der Kolonialzeit sowie der jüngeren Geschichte, eine Vorbildfunktion erfüllen könne. - Oder hab´ ich das vielleicht alles nur geträumt?
AntwortenLöschenHat sich eigentlich in den 70 Jahren Existenz von Ernst Neger mal ein dunkelhäutiger Mensch über das Firmenlogo beschwert?
AntwortenLöschenIch möchte wertungsfrei auf folgende Charakteristika hinweisen, die ich seit Jahrzehnten beobachte:
1.Meist sind es gar nicht die von vermeintlichem Rassismus Betroffenen, die sich beschweren.
2. Mir fällt auf, dass gerade in sogenannten Antifaschistischen bzw. Autonomen Gruppierungen selten bis gar nicht Ausländer anzutreffen sind. Woran liegt das?
Wäre es nicht sinnvoller, gegen die Ursachen von heutigem Rassismus (nämlich Armut und damit verbundene mangelnde Bildung) zu demonstrieren?
Warum hat dann noch keiner von Ihnen aufgrund des Allg. Gleichstellungsgesetzes geklagt?
AntwortenLöschenDeutschland schafft sich ab! Traurige Realität 2015.
AntwortenLöschenPolitisch korrekte Verblödung steht Lichtjahre über dem gesunden Menschenverstand.
Wie unglaublich ist das denn, sich über ein altes Logo aufzuregen, dass doch in Wahrheit eine schöne "Neger"frau mit eleganten Creolen und Dachdeckerhammer zeigt.
AntwortenLöschenEs zeigt doch nur wie fortschrittlich die Firma Neger ist. Schon Großvater Ernst (Humba-Humba täterää... .....Worte aus einer afrikanischen Sprache???) usw. hat schon an ein buntes Deutschland gedacht und zu Zeiten des Nationalsozialismus mit diesem Logo ein echtes "Zeichen gegen Rechts" gesetzt.
Solidarisiert sich Familie Neger damit nicht geradezu mit den dunklerpigmentierten Menschen und setzt damit auch ein Zeichen für Integration und Akzeptanz?
Zugleich kündigt das Logo - zukunftsweisend und genderbewusst ! - die damals noch völlig unbekannte Gleichberechtigung von Männin und Frauerich an mit dieser dunkelhäutigen Schönen, die da lässig, selbstbewusst und erhobenen Hauptes den Dachdeckerhammer schwingt. Alice Schwarzer müsste frohlocken!
Ich finde, man sollte sich umgehend bei Familie "Neger" dafür entschuldigen, dass man dieses klare "Pro Neger - Nein gegen Rechts" - Statement so böswillig fehlinterpretiert hat.
Wo bleibt der Aufstand der Unanständigen?
Meine ganze Solidarität gilt der Familie Schwarze, äh...."Neger".
Wenn Studenten eines Fachs mit mäßigen beruflichen Zukunfts-Chanchen (was außer einer wissenschaftlichen Laufbahn kann man mit Völkerkunde anfangen?) eine derartige Hetz-Aktion gegen einen erfolgreichen Handwerks-Unternehmer lostreten - ist das nicht erst recht eine Form des Rassismus ?
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